Als Europäer und insbesondere deutschsprachiger Europäer bemerkt man nach der Ankunft in Paraguay sehr schnell, dass Tiere hier ein anderes Leben führen als wir das aus unserem Heimatland gewohnt sind.
Fast in jeder Stadt und an jeder Straße begegnen einem beispielsweise Hunde, um die sich niemand kümmert, die ihr Essen selber suchen müssen - oft aus Mülleimern - und die allen möglichen Gefahren ausgesetzt sind, allen voran der Straßenverkehr und diverse Parasiten.
Auch wenn sie das Glück haben, ein Zuhause zu haben wo sie regelmäßig gefüttert werden, ist ihr Leben nicht mit dem eines in Deutschland lebenden Hundes vergleichbar. Gassi gehen kennen hier die wenigsten Hunde, schon gar nicht mit dem Besitzer oder an der Leine. Entweder der Hund hat Auslauf, darf also selbstständig den Garten verlassen und in der Nachbarschaft herumlaufen, oder er lebt quasi tagein tagaus in dem selben - kleinen oder großen - Garten, um das Haus zu bewachen.
Nur die wenigsten freilaufenden und besitzerlosen Hunde und Katzen sind kastriert, was dazu führt, dass man sehr oft eine Mutter mit Welpen auf der Straße oder in einem Park findet. Manchmal findet man auch ausgesetzte oder sogar weggeworfene Welpen, die nur dann eine Überlebenschance haben, wenn sie schnellstmöglich von tierlieben Menschen gefunden und versorgt werden.
Auch dauerhaft angebundene oder augenscheinlich kranke Hunde, die vom Besitzer offensichtlich nicht zu einem Tierarzt gebracht werden, sind in Paraguay immer wieder zu sehen, sowie humpelnde Hunde oder Katzen die draußen unterwegs sind und denen offenbar niemand hilft, die Ursache des Humpelns zu beseitigen.
In diesem Punkt haben es allerdings paraguayische Haustiere manchmal besser: Während Hunde und Katzen in Deutschland oft zu wenig Kontakt mit Artgenossen haben, ist das in Paraguay weniger der Fall. Hier gibt es selten Einzelhaltung. Meistens hat ein Hundebesitzer zwei, drei oder noch mehr Hunde, die sich - zumindest auf dem Land - fast den ganzen Tag im Garten und im Freien aufhalten dürfen, und immer Kontakt mit anderen Hunden und Katzen haben. Oft sieht man im Vorbeifahren kleine Rudel oder spielende Hunde neben der Straße oder in Gärten.
Auch das Leben von Nutztieren wie Kühen, Schweinen und Hühnern ist nicht mit dem Leben ihrer Artgenossen in den deutschsprachigen Ländern Europas vergleichbar. Der Unterschied liegt hier hauptsächlich darin, dass man in Paraguay diese Tiere fast täglich zu Gesicht bekommt und sie meist ganzjährig Weideflächen zur Verfügung haben, während in Europa die meisten von ihnen ihr Dasein in geschlossenen Ställen auf sehr kleinem Raum und meistens ohne Tageslicht fristen müssen.
In Paraguay ist es zudem normal, dass man sowohl auf einer Überlandfahrt auf einer Schnellstraße wie auch auf kleinen ungeteerten Wegen immer damit rechnen muss, dass sich auf der Fahrbahn plötzlich eine Herde Kühe oder Pferde, oder auch Hunde oder Hühner befinden. Die Fahrweise und die Aufmerksamkeit passt man automatisch an, was man aber wegen den vielen Löchern in den Straßen ohnehin tun müsste.
Die meisten auf dem Land lebenden paraguayischen Familien haben selbst Kühe, Schweine und Hühner, die bei ihnen im Garten und in der Nähe des Hauses leben. Auf diese Weise gehören diese Tiere hier zum Alltag.
Pferde und Ochsen werden in Paraguay oft als Arbeitstiere gehalten und müssen schwer arbeiten, meistens bei Temperaturen zwischen 20 und 40 Grad C. Zu ihren Tätigkeiten gehören zum Beispiel Kutschen ziehen, Wägen und Pflüge ziehen, oder es sind Reitpferde für die Cowboys, welche die Rinderherden treiben.
Leider muss man in Paraguay auch immer damit rechnen, in der Nachbarschaft die Schreie von Tieren zu hören, die auf grausame und oft langdauernde und völlig unprofessionelle Weise geschlachtet werden, ebenso wie man auf offener Straße oder ebenfalls in der Nachbarschaft Schläge beim Herein- oder Heraustreiben von Tieren in oder aus einem wackligen Transportfahrzeug mit ansehen muss.
All das sind Dinge, die uns Europäern gleich am Anfang im Land als sehr belastend auffallen, und an die man sich auch nach längerer Zeit in Paraguay nicht gewöhnen kann oder möchte. Eine Einführung von Tierschutzgesetzen wird aktuell in der Politik zwar diskutiert. Wann und ob diese Gesetze kommen, und vor allem ob sich dann auch daran gehalten werden wird, ist aber ungewiss.
Bei all den schlimmen und tierschutzwidrigen Dingen, die in Paraguay im Umgang mit den Tieren passieren, dürfen wir allerdings nicht vergessen, dass es - besonders was die Behandlung von Kühen, Schweinen und Hühnern anbelangt - in Europa hinter verschlossenen Türen oftmals nicht weniger grausam zugeht. Der Unterschied ist nur, dass man das als Normalbürger in Deutschland nicht mitbekommt und sich das auch gar nicht vorstellen kann, während es einem in Paraguay immer wieder begegnet und nicht zu übersehen ist.
Fazit: Den meisten paraguayischen Schweinen, Hühnern und Rindern geht es in der Zeit wo sie nicht gerade transportiert, geschlachtet oder anderweitig drangsaliert werden, mit Sicherheit besser als ihren eingesperrten Artgenossen in Deutschland, denn sie dürfen sich auf der Weide oder im Garten frei bewegen.
Oft sieht man eine Schweinemama mit Babys, oder eine Kuhherde mit Jungtieren auf der Weide herumlaufen, oder eben auf Erdwegen und Straßen. Dass sie diese Freiheit und das Leben auf der Wiese bei Tageslicht und frischer Luft genießen, und einem deutschen Stall in der Massentierhaltung jederzeit vorziehen würden, ist nicht schwer zu erkennen.
Aufgrund dieser gravierenden Unterschiede bei der Tierhaltung in Deutschland und Paraguay, von denen beide ihre Licht- und Schattenseiten haben, kann man sagen, dass in beiden Ländern noch großer Bedarf an verbessertem Tierschutz besteht, jedoch auf andere Weise.
Während in Deutschland vor allem die Haltungsbedingungen von Schweinen, Kühen und Hühnern verbessert werden müssten und dies auch gesetzlich geregelt werden sollte, wünscht man sich in Paraguay neben dem Erlass und der Einhaltung von Tierschutzgesetzen oft mehr Mitgefühl der Bevölkerung für die vielen notleidenden Tiere, denen man quasi an jeder Ecke begegnet, egal ob es Haustiere, Nutztiere oder auf der Straße lebende Tiere sind. Das Tierleid ist hier im Land offensichtlich und man wird täglich damit konfrontiert.
Zum Glück gibt es immer wieder einzelne Menschen, die dies nicht nur bemerken, sondern die auch aktiv mithelfen, die Situation zu verbessern.
[Anmerkung: Darüber wird unser nächster BLOG-Beitrag berichten.]
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